Geschich­te des Saat­guts

-12’000

Beginn des Anbaus von Pflan­zen und damit auch der Pflan­zen­züch­tung in Meso­po­ta­mi­en mit Ger­ste, Emmer und Ein­korn, den Urfor­men des Wei­zens, und Fei­gen. Erst­mals wer­den gezielt Pflan­zen aus­ge­wählt und unter kon­trol­lier­ten Bedin­gun­gen ange­baut. Ern­te­über­schüs­se ermög­li­chen erste Wirt­schafts­for­men und sess­haf­te Gesell­schaf­ten ent­ste­hen.

-5000

Der Anbau von Getrei­de eta­bliert sich auch in Mit­tel­eu­ro­pa. Mit­tels Aus­le­se der ertrag­reich­sten Pflan­zen und Ein­kreu­zun­gen von Wild­gras­ar­ten wer­den die Getrei­de­sor­ten viel­fäl­tig ver­än­dert.

-2000

In ver­schie­de­nen anti­ken Kul­tu­ren wer­den Böden bereits syste­ma­tisch gedüngt. Wo Städ­te mit einer gros­sen Bevöl­ke­rungs­zahl ernährt wer­den müs­sen, wird die Land­wirt­schaft orga­ni­siert betrie­ben und gezielt wei­ter­ent­wickelt.

0–500

Die Römer bau­en Getrei­de, Wein, Obst und Gemü­se sehr erfolg­reich an. Es ent­ste­hen rie­si­ge Land­gü­ter mit Arbeits­skla­ve­rei. Gegen Ende der Epo­che bricht die land­wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung jedoch ein und die Öko­no­mie schrumpft lang­sam zu einer knap­pen Selbst­ver­sor­gungs­wirt­schaft, die spä­ter auch das Mit­tel­al­ter kenn­zeich­net.

700

Ara­bi­sche Kul­tu­ren füh­ren in Spa­ni­en neue Bewäs­se­rungs­tech­ni­ken ein und impor­tie­ren Nutz­pflan­zen wie Baum­wol­le, Zucker­rohr und Brom­bee­ren aus ihrer Hei­mat. Dank dem fort­schritt­li­chen Umgang mit Wis­sen­schaft im ara­bi­schen Raum sind Erkennt­nis­se aus der Anti­ke über das euro­päi­sche Mit­tel­al­ter hin­aus erhal­ten geblie­ben.

800‑1500

Die Drei­fel­der-Bewirt­schaf­tung, d.h. ein Boden­nut­zungs­sy­stem mit zwei­jäh­ri­gem Getrei­de­bau (Win­ter­ge­trei­de, Som­mer­ge­trei­de) und einer ein­jäh­ri­gen Bra­che-Pha­se, setzt sich durch. Es kommt zur Pro­duk­ti­ons­stei­ge­rung und dadurch zu einem Bevöl­ke­rungs­wachs­tum in Euro­pa.

1600–1800

Tech­ni­sche Neue­run­gen wie z.B. der Huf­be­schlag bei Pfer­den ver­än­dern die Land­wirt­schaft. Neue Feld­früch­te – unter ande­rem aus Ame­ri­ka – wer­den weit­ver­brei­tet ange­baut (Rüben, Klee, Raps, Kar­tof­feln etc.). Ödland wird gezielt kul­ti­viert und Frucht­fol­gen ermög­li­chen den lücken­lo­sen Anbau. Eine ent­schei­den­de Rol­le spielt dabei die Stall­hal­tung von Tie­ren und dadurch die Ver­füg­bar­keit von Hof­dün­ger für die Äcker.

1913

Der Che­mie­kon­zern BASF baut die erste Anla­ge zur Her­stel­lung von syn­the­ti­schem Ammo­ni­ak. Damit kann aus Luft und fos­si­len Ener­gie­trä­gern Stick­stoff­dün­ger her­ge­stellt wer­den, um die land­wirt­schaft­li­chen Erträ­ge zu stei­gern. Die­se Errun­gen­schaft führt zu einer Ent­kop­pe­lung von Acker­bau und Vieh­wirt­schaft.

1920

Trak­to­ren fin­den erst­mals grös­se­re Ver­brei­tung. Dies lässt die Bewirt­schaf­tung grös­se­rer Flä­chen mit gerin­ge­rer mensch­li­cher Arbeits­kraft zu.

1930

Erste Hybrid-Mais­sor­ten wer­den ent­wickelt. Die­se brin­gen höhe­re Erträ­ge, sind aber auf mehr Dün­ger ange­wie­sen. Gleich­zei­tig kön­nen Landwirt:innen dar­aus kein Saat­gut nach­zie­hen, son­dern müs­sen es jedes Jahr neu kau­fen. Dies gibt den Saat­gut­un­ter­neh­men Auf­trieb, die seit Ende des 19. Jh. ent­stan­den sind.

ab 1960

Die indu­stria­li­sier­te Land­wirt­schaft wird als «Grü­ne Revo­lu­ti­on» in die Län­der des Glo­ba­len Südens expor­tiert. In der Fol­ge stei­gen vie­ler­orts die Erträ­ge. Es zei­gen sich aber auch die Schat­ten­sei­ten wie Umwelt- und Gesund­heits­schä­den sowie der Ver­lust von Boden­frucht­bar­keit.

ab 1990

Erste gen­tech­nisch ver­än­der­te Pflan­zen wer­den in den USA ver­mark­tet. In Euro­pa beginnt eine hit­zi­ge Debat­te um den Ein­satz von Gen­tech-Pflan­zen in der Land­wirt­schaft. In der Schweiz wird 2005 durch die Annah­me einer Volks­in­itia­ti­ve ein Mora­to­ri­um auf die Frei­set­zung gen­tech­nisch ver­än­der­ter Pflan­zen ver­hängt.

1990–2005

Che­mie­fir­men kau­fen in gros­sem Mas­se Saat­gut­her­stel­ler auf. Mit­tels Gen­tech­no­lo­gie gelingt es, Pflan­zen her­zu­stel­len, die resi­stent gegen spe­zi­fi­sche Her­bi­zi­de sind. So las­sen sich Saat­gut und das pas­sen­de Her­bi­zid als Paket­lö­sung ver­kau­fen.

2018–2020

Es kommt zu einer wei­te­ren gros­sen Kon­so­li­die­rungs­wel­le im Agro­busi­ness: Der deut­sche Che­mie­kon­zern Bay­er über­nimmt den US-ame­ri­ka­ni­schen Agrar­rie­sen Monsan­to, der Saat­gut­her­stel­ler DuPont und die Che­mie­fir­ma Dow Che­mical fusio­nie­ren zum US-Kon­zern Cort­eva, und aus dem Zusam­men­schluss der schwei­ze­risch-chi­ne­si­schen Syn­gen­ta mit Agro­che­mie­fir­men aus Isra­el und Chi­na geht die Syn­gen­ta Group mit Sitz in Basel her­vor. Durch die­se Mega-Hoch­zei­ten festi­gen die füh­ren­den Kon­zer­ne ihren Vor­sprung auf die wach­sen­de Kon­kur­renz und per­fek­tio­nie­ren die Kom­bi­na­ti­on von Pesti­zid- und Saat­gut­ge­schäft.

2022

Neue gen­tech­ni­sche Ver­fah­ren wie CRISPR/Cas las­sen die Debat­te um die Gen­tech­no­lo­gie neu auf­flam­men.