Wanderausstellung der Public Eye Regionalgruppen zum Thema Saatgut.
Säule E: Vermehrung und Züchtung von Pflanzen
Durch Bestäubung (Pollenübertragung durch Wind und Insekten) und Befruchtung (Verschmelzung der Keimzellen) entstehen Fortpflanzungsorgane wie Samen, Früchte und Fruchtstände. Nach der Reifung und Ernte befinden sich die Samen in einer Keimruhe, die mehrere Tage oder Wochen dauern kann. Erst danach sind die Samen keimfähig und eine neue Pflanze wächst heran.
Als «Saatgut» bezeichnet man trockene, ruhende Samen, Früchte, Fruchtstände oder Teile davon, die eine vollständige Keimanlage enthalten. Saatgut bleibt über viele Jahre keimfähig.
Aus Rhizomen, Wurzelknollen, Zwiebeln oder Stecklingen können neue Pflanzen entstehen, die der Mutterpflanze genetisch gleichen. Solches Pflanzgut ist nur kurze Zeit haltbar.
Menschen greifen mit gezielten züchterischen Massnahmen seit Jahrtausenden in den Evolutionsprozess ein, um Pflanzen und Tiere den eigenen Ansprüchen anzupassen. Durch die gezielte Auslese von Samen und Elternpflanzen kann eine Art über Generationen hinweg weiterentwickelt werden.
Die Anforderungen an Saatgut und Sorten unterscheiden sich im konventionellen und biologischen Pflanzenanbau. Trotzdem wird im Biolandbau häufig konventionelles Saatgut verwendet. Denn Biosaatgut ist in vielen Bereichen nicht verfügbar, die Rentabilität ist nur gering. Langfristiges Ziel im Biolandbau ist, von konventionellem Saatgut unabhängig zu werden. Die Herstellung von Biosaatgut (Biozüchtung und Vermehrung) wird häufig von staatlichen und gemeinnützigen Organisationen übernommen. So kann ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der Sortenvielfalt und zur Reduktion der Abhängigkeit von Grosskonzernen geleistet werden.
Das europäische Konsortium für Biozüchtung ECO-PB vereint verschiedene europäische Akteure und setzt sich für eine Stärkung der Biozüchtung ein. Schweizer Akteure wie das FIBL (Forschungsinstitut für biologischen Landbau), Sativa und die Getreidezüchtung Peter Kunz (GZPK) sind ebenfalls Mitglied. Das FIBL treibt diverse Forschungsprojekte zur Biozüchtung voran. Sativa übernimmt hierzulande eine tragende Rolle in der biologischen Gemüsezüchtung. Die GZPK ist auf die Züchtung von Bio-Getreidesorten spezialisiert.
Biosaatgut durch Züchtung
Neue Sorten, die an die Bedingungen des Biolandbaus angepasst sind, werden gezielt nach Bio-Richtlinien gezüchtet.
Biosaatgut durch Vermehrung
Meist konventionelle Sorten werden unter ökologischen Anbaubedingungen vermehrt.
- Akademie der Naturwissenschaften Schweiz: Faktenblatt zu Pflanzenzüchtung
- Europäisches Konsortium für Biozüchtung; Liveseed
- FiBL; Forschungsinstitut für biologischen Landbau
- IFOAM EU; Liveseed
- Sativa; Bio fängt beim Saatgut an
- GZPK; Getreidezüchtung Peter Kunz. Biodynamische Pflanzenzüchtung
In den 1980er-Jahren begannen Christine und Robert Zollinger im Thurgau als Pioniere mit der Zucht und Vermehrung verschiedener Biogemüse‑, Kräuter- und Blumenarten. 1991 erwarb die Familie einen 25 ha grossen Betrieb am Genfersee. Aus einem kleinen Samensortiment wurde ein Biosamensortiment, das heute über 400 verschiedene Pflanzensorten umfasst. Seit 2016 führen die Söhne Til, Tizian und Tulipan Zollinger das Familiengeschäft weiter.
«Biosaatgut macht einfach Sinn»
«Wir haben das Glück, direkt an sehr viele Einzelkunden liefern zu dürfen. Damit sind wir nicht von Grossverteilern abhängig und besetzen eine Nische.»
«Im Kanton Waadt betreibt das Bundesamt für Landwirtschaft die eidgenössische Genbank. Das dort eingelagerte Saatgut wird bei uns alle paar Jahre wieder angebaut, um frische Samen zu erhalten, welche dann eingelagert werden.»
«Je mehr Vielfalt besteht, desto mehr Neues können wir schaffen.»