Säu­le D: Glo­ba­li­sie­rung

Mono­po­ly auf dem Saat­gut- und Pesti­zid­markt

Saat­gut­markt­kon­zen­tra­ti­on 1996–2018 (Anklicken für Zoom­ba­re Ver­si­on) Quel­le: Prof. Phil Howard, Michi­gan Sta­te Uni­ver­si­ty

Der welt­wei­te Saat­gut­markt hat sich inner­halb weni­ger Jahr­zehn­te stark kon­zen­triert, so dass heu­te eine Hand­voll rie­si­ger Agro­kon­zer­ne die glo­ba­le Saat­gut­pro­duk­ti­on beherr­schen. Oft sind die­se Kon­zer­ne gleich­zei­tig auch feder­füh­rend auf dem Saat­gut­markt. Denn gera­de gen­tech­nisch ver­än­der­te Nutz­pflan­zen funk­tio­nie­ren häu­fig nur mit dem dazu pas­sen­den Pesti­zid aus der fir­men­ei­ge­nen Pro­duk­ti­on.

In den letz­ten Jah­ren nahm die Markt­kon­zen­tra­ti­on wei­ter zu. Der ehe­ma­li­ge US-Markt­füh­rer Monsan­to wur­de durch den BAY­ER-Kon­zern (Deutsch­land) über­nom­men. Chem­Chi­na über­nahm Syn­gen­ta (Schweiz) und Dow­Che­micals (USA) fusio­nier­te mit DuPont (USA). So wird das ver­füg­ba­re Saat­gut welt­weit immer stär­ker auf weni­ge Hän­de kon­zen­triert. Mit dem Zugriff auf das Saat­gut kon­trol­lie­ren weni­ge Kon­zer­ne die Nah­rungs­grund­la­ge der glo­ba­len Bevöl­ke­rung.

Beim Ver­kauf von Saat­gut ver­lan­gen Anbie­ter oft Lizenz­ge­büh­ren. Weni­ge Agro­kon­zer­ne domi­nie­ren den Saat­gut- und Pesti­zid­markt, die Abhän­gig­keit der Bäuer*Innen ver­grös­sert sich, die Saat­gut­viel­falt wird immer klei­ner. 

Geset­ze und Ver­trä­ge

Bio­di­ver­si­täts­kon­ven­ti­on der Ver­ein­ten Natio­nen

Con­ven­ti­on on Bio­lo­gi­cal Diver­si­ty CBD

Die Bio­di­ver­si­täts­kon­ven­ti­on wur­de 1992 in Rio de Janei­ro (Bra­si­li­en) auf der UNO-Kon­fe­renz über Umwelt und nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung aus­ge­han­delt und ist seit 1993 in Kraft. Die 196 unter­zeich­nen­den Staa­ten, dar­un­ter auch die Schweiz, tref­fen sich alle zwei Jah­re zur soge­nann­ten Ver­trags­staa­ten­kon­fe­renz. So wur­den an einem Fol­ge­tref­fen im japa­ni­schen Nago­ya das völ­ker­recht­lich ver­bind­li­che Nago­ya-Pro­to­koll ver­ab­schie­det.

Zie­le: Schutz der bio­lo­gi­schen Viel­falt und nach­hal­ti­ge Nut­zung ihrer Bestand­tei­le. Gerech­ter Aus­gleich von Vor­tei­len, die sich aus der Nut­zung gene­ti­scher Res­sour­cen erge­ben.

Inter­na­tio­na­ler Saat­gut­ver­trag

Der Inter­na­tio­na­le Saat­gut­ver­trag der Welt­ernäh­rungs­or­ga­ni­sa­ti­on der Ver­ein­ten Natio­nen (FAO) wur­de 2001 ver­ab­schie­det, trat auch in der Schweiz 2005 in Kraft und umfasst heu­te 147 Ver­trags­part­ne­rIn­nen.

Zie­le: Ein erleich­ter­ter Zugang zu pflan­zen­geneti­schen Res­sour­cen und deren nach­hal­ti­ge Siche­rung. Ein poli­ti­sches Mit­spra­che­recht von Bäuer*Innen sowie das Recht, Saat­gut zu ver­wen­den, aus­zu­tau­schen und zu ver­meh­ren sol­len welt­weit ver­an­kert wer­den.

Sor­ten­schutz­ge­set­ze

Der Inter­na­tio­na­le Ver­band zum Schutz von Pflan­zen­züch­tun­gen (UPOV) wur­de 1961 ein­ge­rich­tet und hat sei­nen Sitz in Genf. Die UPOV-Kon­ven­ti­on wur­den seit­her mehr­fach über­ar­bei­tet. Seit 1991 müs­sen Mit­glied­staa­ten des UPOV-Abkom­mens in deren Län­dern Sor­ten­schutz­ge­set­ze erlas­sen, wel­che den Aus­tausch von geschütz­tem Saat­gut unter Bäuer*Innen stark erschwe­ren. Züch­ter­rech­te müs­sen durch Lizenz­ge­büh­ren abge­gol­ten wer­den.

Zie­le: Gei­sti­ges Eigen­tum im Sin­ne der Saat­gut­zucht soll geschützt wer­den.

Patent­recht

Das Euro­päi­sche Patent­amt (EPA) in Mün­chen wur­de 1977 gegrün­det und ist das Exe­ku­tiv­or­gan der Euro­päi­schen Patent­or­ga­ni­sa­ti­on, der auch die Schweiz ange­hört. Das EPA soll sicher­stel­len, dass gei­sti­ges Eigen­tum auch im Saat­gut­be­reich geschützt wird. Aller­dings hat in den letz­ten Jah­ren zum Nach­teil von Bäue­rIn­nen immer mehr Paten­te auf Saat­gut und Nutz­pflan­zen erteilt, so dass Saat­gut aus eige­ner Ern­te nicht mehr frei ver­wen­det wer­den kann.

Zie­le: Auf Erfin­dun­gen soll ein Schutz­recht gewährt wer­den P(atentierung). Die Nut­zung der Erfin­dung durch ande­re ist so für eine fest­ge­leg­te Zeit unter­sagt oder ein­ge­schränkt.

Saat­gut-Sou­ve­rä­ni­tät

Klein­bäue­rin­nen und Klein­bau­ern sichern die Ernäh­rung von etwa 70 Pozent der Welt­be­völ­ke­rung. Die­ses effi­zi­en­te Land­wirt­schafts­sy­stem ver­braucht dafür nur rund 25 Pro­zent der land­wirt­schaft­li­chen Res­sour­cen wie Land, Was­ser und fos­si­le Ener­gie­trä­ger. Im Ver­gleich dazu pro­du­ziert die Agro­in­du­strie nur 30 Pro­zent aller Nah­rungs­mit­tel — von denen dann noch ein gros­ser Teil an Nutz­tie­re ver­füt­tert oder als Treib­stoff ver­wen­det wird. Der Res­sour­cen­ver­brauch der indu­stri­el­len Land­wirt­schaft ist dafür immens.

Fra­gen an Exper­ten aus Afri­ka und Süd­ame­ri­ka

Was sind die kri­tisch­sten Saat­gut-
Pro­ble­me, mit denen Klein­bau­ern
kon­fron­tiert sind?

Wie trägt die Saat­gut-Sou­ve­rä­ni­tät
zur Ernäh­rungs­si­cher­heit bei?

Was muss sich ändern, damit sich
das Saat­gut­pro­blem lösen lässt?

«Es ist not­wen­dig, das System so zu ändern, dass die natio­na­len Inter­es­sen und nicht län­ger die Inter­es­sen der Saat­gut­un­ter­neh­men im Vor­der­grund ste­hen. Aus die­sem Grund för­dern zivil­ge­sell­schaft­li­che Orga­ni­sa­tio­nen und loka­le Pro­du­zen­ten die gemein­schaft­li­che Regi­strie­rung von Saat­gut als Reak­ti­on auf die zuneh­men­de Pri­va­ti­sie­rung.»
Miguel Angel, Pla­ta­for­ma Agroe­co­lo­gi­ca (Boli­vi­en)

«Die kri­tisch­sten Saat­gut­pro­ble­me, mit denen Kleinbäuer*Innen in mei­nem Land kon­fron­tiert sind:

1. Der feh­len­de Zugang zu erschwing­li­chem Qua­li­täts­saat­gut
2. Samen von gerin­ger Qua­li­tät
3. Die gerin­ge Saat­gut­viel­falt

Ein gros­ses Pro­blem ist zudem, dass das von Kleinbäuer*Innen selbst ver­wal­te­te Saat­gut­sy­stem nicht aner­kannt wird, obwohl es fast 70 Pro­zent ihres gesam­ten Bedarfs abdeckt.»
Abdal­lah Mik­in­di, TABIO (Tan­sa­nia)

«Die Saat­gut-Sou­ve­rä­ni­tät trägt zur Ernäh­rungs­si­cher­heit bei, indem sie Landwirt*Innen das Recht gibt, Saat­gut zu lagern, zu ver­meh­ren und aus­zu­tau­schen. Die Viel­falt lokal ange­pass­ter Pflan­zen­sor­ten kann nur so erhal­ten und aus­ge­baut wer­den.»
Abdal­lah Mik­in­di, TABIO (Tan­sa­nia)

«Die gröss­ten Pro­ble­me sind die Pri­va­ti­sie­rung von Saat­gut und das Ver­schwin­den von Saat­gut­sor­ten. Mehr als 78 Pro­zent der Samen von Gemü­se, Ölsaat, Getrei­de und Wur­zel­ge­mü­se befin­den sich heu­te in Pri­vat­be­sitz.»
Miguel Angel, Pla­ta­for­ma Agroe­co­lo­gi­ca (Boli­vi­en)

«Die Saat­gut-Sou­ve­rä­ni­tät trägt viel zur Ernäh­rungs­si­cher­heit bei und bil­det deren Grund­la­ge. Ein Land soll­te selbst bestim­men kön­nen, was wann und wie ange­sät wer­den soll. Gibt es kei­ne loka­len Saat­gut­ban­ken, so ver­schwin­det die­se Grund­la­ge.»
Miguel Angel, Pla­ta­for­ma Agroe­co­lo­gi­ca (Boli­vi­en)