Säu­le C: Pro­ble­me

Bedroh­te Saat­gut-Viel­falt

Nur durch eine aus­rei­chen­de Viel­falt ver­schie­de­ner Pflan­zen­ei­gen­schaf­ten kann im Anbau auf Kli­ma- oder ande­re Ein­flüs­se reagiert wer­den. Durch die zuneh­men­de Kon­zen­tra­ti­on des Saat­gut­markts auf weni­ge Agro­kon­zer­ne nimmt auch die Viel­falt an Saat­gut ab. Je gerin­ger die Saat­gut­viel­falt, desto schwie­ri­ger wird es, durch züch­te­ri­sche Mass­nah­men auf neue Her­aus­for­de­run­gen zu reagie­ren.

Fak­to­ren, die zum Bio­di­ver­si­täts­ver­lust bei­tra­gen

Bedeu­tung der Bio­di­ver­si­tät

Für unse­re Ernäh­rung und Umwelt ist die Bio­di­ver­si­tät zen­tral. Sie wirkt sich auf die Boden­frucht­bar­keit und die Grund­was­ser­rei­ni­gung aus.

Wird das System durch äus­se­re Ein­flüs­se gestört, ist die Wahr­schein­lich­keit, dass sich das System davon erholt, umso höher, je viel­fäl­ti­ger es ist. Ein viel­fäl­ti­ger Lebens­raum ist auch pro­duk­ti­ver. Das posi­ti­ve Zusam­men­spiel (Sym­bio­se) ver­schie­de­ner Arten führt zu einer höhe­ren Pro­duk­ti­vi­tät des Indi­vi­du­ums.

Die Bio­di­ver­si­tät ist welt­weit erheb­lich bedroht. Rund 50 Pro­zent der Arten aller Spe­zi­es sind gefähr­det und rund eine Mil­li­on Pflan­zen- und Tier­ar­ten sind vom Aus­ster­ben bedroht.

Diver­si­tät der Kul­tur­pflan­zen

Wird eine Pflan­zen­sor­te mit beson­de­ren Eigen­schaf­ten (z.B. Tole­ranz gegen Trocken­heit) nicht mehr ange­baut und ver­mehrt, gehen die­se Eigen­schaf­ten mit der Sor­te ver­lo­ren.

Kom­bi­niert man im Anbau ver­schie­de­ne Pflan­zen­sor­ten oder Pflan­zen­ar­ten, kann die Resi­stenz gegen Schäd­lings- oder Krank­heits­be­fall deut­lich erhöht wer­den. Der Ein­satz von Che­mi­ka­li­en wie Pesti­zi­den ist dann hin­fäl­lig.

75 Pro­zent der gene­ti­schen Diver­si­tät unse­rer Kul­tur­pflan­zen ging bereits ver­lo­ren. Auch in der Schweiz ist die Bio­di­ver­si­tät stark gefähr­det. Die Hälf­te aller ein­hei­mi­schen Arten sind ver­schwun­den oder poten­zi­ell bedroht. In der Schweiz wer­den heu­te rund 18’700 Sor­ten von 245 ver­schie­de­nen Kul­tur­pflan­zen­ar­ten erhal­ten. Nur ein Bruch­teil davon lan­det auf unse­rem Tel­ler. Ange­bo­ten wer­den meist nur weni­ge, leicht anbau­ba­re und ver­markt­ba­re Sor­ten.

Gen­tech­ni­sche Ein­grif­fe

Wir spre­chen von einem gen­tech­nisch ver­än­der­ten Orga­nis­mus (GVO), wenn das Erb­gut (DNA) des Orga­nis­mus im Labor mit­tels mole­ku­lar­bio­lo­gi­scher Pro­zes­se ver­än­dert wur­de. Bei­spiels­wei­se wur­den Soja­pflan­zen gen­tech­nisch so ver­än­dert, dass sie gegen aus­ge­brach­te Pesti­zi­de resi­stent sind. Mais­pflan­zen wur­den Fremd­ge­ne ein­ge­fügt, die dafür sor­gen sol­len, dass die Pflan­zen sel­ber ein Gift gegen bestimm­te Schäd­lin­ge pro­du­zie­ren.

Markt­si­tua­ti­on von GVO (Stand 2019)

Welt­weit wer­den auf rund 12 Pro­zent der glo­bal genutz­ten Land­wirt­schafts­flä­che gen­tech­nisch ver­än­der­te Pflan­zen ein­ge­setzt. Die Ten­denz ist leicht rück­läu­fig. Der Anbau gen­tech­nisch ver­än­der­ter Pflan­zen kon­zen­triert sich auf fünf Län­der (USA, Bra­si­li­en, Argen­ti­ni­en, Kana­da und Indi­en), die zusam­men rund 91 Pro­zent des glo­ba­len GVO-Anbaus abdecken. 

Haupt­säch­lich ange­baut wer­den GV-Soja, Mais, Baum­wol­le und Raps. Der Markt­an­teil von GVOs liegt bei Soja bei knapp 80 Pro­zent, bei Mais etwas mehr als 30 Pro­zent, bei der Baum­wol­le bei über 80 Pro­zent und bei Raps bei ca. 30 Pro­zent.

In 17 euro­päi­schen Län­dern ist der Anbau gen­tech­nisch ver­än­der­ter Pflan­zen ver­bo­ten. In der Schweiz unter­liegt der kom­mer­zi­el­le GVO-Anbau einem Mora­to­ri­um, das den Anbau prak­tisch ver­bie­tet. Frei­set­zun­gen von GVO zu For­schungs­zwecken sind aber wei­ter erlaubt. Schwei­zer GVO-Impor­te im Lebens- und Fut­ter­mit­tel­be­reich sind mit einer ent­spre­chen­den Kenn­zeich­nung theo­re­tisch mög­lich, fak­tisch aller­dings heu­te inexi­stent.

Risi­ken

  • Mög­li­che Aus­wir­kun­gen auf Mensch und Umwelt sind nicht bere­chen­bar
  • Wech­sel­wir­kun­gen im Ziel­or­ga­nis­mus sind unbe­kannt
  • Ver­schär­fung der Mono­kul­tur-Pro­ble­ma­tik (u.a. hoher Pesti­zid­ver­brauch)
  • Resi­stenz­bil­dun­gen bei Unkräu­tern und Schäd­lin­gen füh­ren zu erhöh­tem Pesti­zid­ein­satz
  • Über­tra­gung der Fremd­ge­ne auf Wild­pflan­zen und angren­zen­de Kul­tu­ren
  • Ver­un­rei­ni­gun­gen im Waren­fluss

«Neue» Gen­tech­nik

Soge­nann­te «Neue gen­tech­ni­sche Ver­fah­ren» sind gen­tech­ni­sche Ein­grif­fe mit­tels «Gen­sche­ren» (CRISPR/CAS). So sol­len geziel­te gen­tech­ni­sche Ver­än­de­run­gen ein­fa­cher durch­führ­bar sein. DNA-Abschnit­te sol­len leich­ter ver­än­dert, aus­ge­schal­tet oder gleich ganz ersetzt wer­den kön­nen. Das Risi­ko­po­ten­zi­al des Ver­fah­rens ist bis­her nicht ein­schätz­bar. Es kön­nen unge­plan­te und unge­wünsch­te Ergeb­nis­se auf­tre­ten.

Pesti­zi­de — ein gefähr­li­ches Gift

Pesti­zi­de sind meist che­misch-syn­the­ti­sche Sub­stan­zen, wel­che in der Land­wirt­schaft uner­wünsch­te Tie­re, Pflan­zen oder Pil­ze schä­di­gen oder abtö­ten sol­len. Der Anbau in Mono­kul­tu­ren und der Ein­satz gen­tech­nisch ver­än­der­ter Pflan­zen füh­ren vor allem in den Län­dern des glo­ba­len Südens zu einem hohen Ein­satz an Acker­gif­ten. Gefähr­det wird neben der Gesund­heit der Men­schen auch die Umwelt und das Grund­was­ser.

Glo­ba­le Situa­ti­on

Welt­weit wer­den heu­te jähr­lich mehr als drei Mil­lio­nen Ton­nen Pesti­zi­de ange­wen­det. Bra­si­li­en und die USA ver­brau­chen allein jeweils ein Fünf­tel aller Pesti­zi­de, der glo­ba­le Süden die Hälf­te. In der Schweiz waren es im Jahr 2019 an die 2000 Ton­nen. Der Pesti­zid­markt wird von vier Gross­kon­zer­nen domi­niert: Syngenta/ChemChina, Monsanto/Bayer, Dow­Du­pont und BASF. 

Die Pro­ble­ma­tik der HHPs (High­ly Hazar­dous Pesti­ci­des)

Die­se soge­nannt hoch­ge­fähr­li­chen Pesti­zi­de wei­sen ein beson­de­res Gefah­ren­po­ten­zi­al für die Gesund­heit von Mensch und Tier und die Umwelt auf. 40 Pro­zent der von Syngenta/ChemChina ver­kauf­ten Pesti­zi­de fal­len unter die­se beson­ders gefähr­li­che Kate­go­rie. Ein­ge­setzt wird das Gift vor allem in Län­dern des Südens, da die gesetz­li­chen Regu­lie­run­gen dort nicht so streng sind. Pesti­zi­de, die in der Schweiz und in Euro­pa ver­bo­ten sind, wer­den von den hier ansäs­si­gen Fir­men trotz­dem ver­kauft – mit teils ver­hee­ren­den Aus­wir­kun­gen für die jewei­li­ge loka­le Bevöl­ke­rung und die Umwelt.